Frischwasser in der Wüste
Grossartige Teamarbeit machte aus einem Rückschlag einen Zuschlag. Damit startete eines der bisher komplexesten Projekte von GF Piping Systems: eine neue Meerwasserentsalzungsanlage in Ägypten.
Für GF Piping Systems endete im Januar 2020 eines der bisher anspruchsvollsten Projekte überhaupt: eine Entsalzungsanlage bei Port Said (Ägypten), die für die Einwohner der neuen Stadt New East Port Said, etwa 200 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Kairo, täglich 150’000 Kubikmeter Frischwasser produziert.
Doch am Anfang dieses Projekterfolgs stand ein Rückschlag: Das erste Angebot von GF für die Lieferung von Rohrleitungen für die Anlage wurde durch den Generalunternehmer Metito Cementech im Sommer 2018 – trotz vorheriger Zusammenarbeit – abgelehnt. „Metito suchte einen Partner mit grösseren Liefermöglichkeiten – einschliesslich Stahlkonstruktionen und Rohrleitungssystemen“, sagt Paul Keetley, Regional Sales and Project Manager bei GF Piping Systems International. Zusammen mit Jürgen Miklo, Group Manager for Custom Product Design and Pre-Fabrication, mobilisierte er das erforderliche Know-how innerhalb von GF, damit Metito die passende Lösung fristgerecht erhielt.
Erfolg in letzter Minute
Paul Keetley und Jürgen Miklo reisten im September 2018 von Schaffhausen (Schweiz) nach Kairo (Ägypten), um Metito ein neues Konzept mit umfassenderem Angebot zu präsentieren. Es überzeugte durch seine Detailgenauigkeit und erhielt den Zuschlag – trotz günstigerer Angebote von Mitbewerbern. „Im Gegensatz zu unseren Mitbewerbern bezogen wir in unserer Präsentation Elemente der Belastungsanalyse mit ein. Ausserdem brachten wir schon einen Konzeptentwurf mit zur Präsentation“, erklärt Paul Keetly den Erfolg.
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Fakten zum „Port Said“-Projekt
- Herzstück der Entsalzungsanlage ist der Umkehrosmoseprozess (Reverse Osmosis, RO), für die GF das Rohrleitungssystem von Drucktauscher und Permeat-Verteiler konzipierte und herstellte.
- Der Kunde suchte einen Anbieter für eine Komplettlösung. Das bedeutete, dass das Team von GF Piping Systems ebenfalls die Stahlkonstruktion entwickeln, vorfabrizieren, lackieren und liefern musste.
- 6’000 Ventile von GF Piping Systems waren für das Projekt insgesamt erforderlich, dazu etwa 60’000 Schweissverbindungen. Die Anzahl der vorgefertigten Rohrverbindungen betrug mehr als 30’000.
- Insgesamt wurden 94 Container mit Material nach Port Said geliefert; das Gesamtgewicht der gelieferten Stahlkonstruktion lag bei mehr als 300 Tonnen.
- Das grösste gelieferte Rohr mass im Durchmesser 1,2 Meter und wog mehr als 4 Tonnen pro 11 Meter Rohrabschnitt. GF lieferte davon 30 Stück.
GF Team steht bereit
Die Fertigungsarbeiten begannen im Winter 2018. GF sollte alle Teile für den Bau der Rohrleitungen und der Stützkonstruktionen liefern. „Der Umfang war grösser als sonst und erforderte deshalb viel Koordinationsarbeit mit Drittlieferanten“, erläutert Keetly. Das grösste Rohr mass im Durchmesser 1,2 Meter und wog mehr als 4 Tonnen pro Rohrstück. Die mechanische Beanspruchung durch Gewicht und Druck des Wassers sowie Eigengewicht der Konstruktion war eine zusätzliche Herausforderung. Miklo bat daher das GF Engineering Services Team, noch vor der detaillierten Designphase eine Spannungsanalyse durchzuführen und eine Stützkonstruktion für das Rohrleitungssystem aus Kunststoff passgenau zu planen. „Innerhalb von nur drei Monaten hat unser Team in Schaffhausen einen Prototypen der ersten Ultrafiltrationseinheit konstruiert, vorgefertigt und getestet“, erinnert sich Miklo. Nach erfolgreicher Prüfung durch den Kunden konnte GF mit dem Verpacken und dem Transport der Systeme beginnen. Insgesamt gingen 94 Container mit Produkten von GF, verteilt auf über 19 Einzelsendungen, auf die Reise nach Port Said. Im Januar 2020, nur 14 Monate nach Auftragserteilung, war das Wasseraufbereitungssystem bereit zum Test. Es funktionierte einwandfrei. „Das Port-Said-Projekt zwang uns, aus gewohnten Denkmustern auszubrechen. Wir gewannen jede Menge Erfahrung in der Herstellung und Auslieferung von standardisierten, vorgefertigten und massgeschneiderten Produkten an verschiedenen Standorten, die wir zu einem grossen Projekt wie diesem hier in so kurzer Zeit zusammenführten. Jetzt sind wir bereit für die nächste Herausforderung!“, lautet Paul Keetleys Fazit.
Die Arbeiten an der Anlage in Port Said (Ägypten) begannen 2019. Paul Keetley (l.) und Jürgen Miklo mussten mit ihrem Expertenteam neue Lösungen entwickeln, um dem hohen Anspruch des Kunden gerecht zu werden. (Dieses Foto entstand vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie.)
Ultrafiltration
Die Anlage im neuen Industriegebiet „East Port Said“ im Nordosten Ägyptens war bereit für die Inbetriebnahme im Frühjahr 2020. Sie ist nicht nur eine der grössten Anlagen ihrer Art in Ägypten, sondern bietet als weiteres Differenzierungsmerkmal eine wegweisende Schlüsseltechnologie: Ultrafiltration als Vorbehandlung von Meerwasser. Die Wasserqualität in dieser Mittelmeerregion machte dieses innovative Verfahren notwendig.
Ultrafiltrationssysteme erfordern im Gegensatz zu der in ähnlichen Entsalzungsanlagen in Ägypten und der übrigen Welt eingesetzten Flüssigkeitsfiltration grosse Mengen an Rohrleitungen, Fittings und Ventilen. Ein erfolgreicher Abschluss dieses grossen Projekts ist damit von entscheidender Bedeutung. Auftragsumfang, Materialumfang und Komplexität des Projekts übersteigen andere Projekte von GF in Ägypten um ein Vielfaches und schaffen die Grundlage für den weiteren Geschäftsausbau.